Abteilung Infrastruktur
Ein neuer Partner möbelt Leipzig auf
Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen sichert, dass bei öffentlichen Ausschreibungen der beste Bieter zum Zuge kommt
Fast 1.400 Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs hat Leipzig in seinem Stadtgebiet. Als erste Stadt Deutschlands konnte die Pleißemetropole 900 davon ökologisch und klimaneutral aufbauen lassen. Moderne Wartehäuschen mit Moos oder Solaranlagen auf dem Dach zieren nun das Stadtbild. Vorausgegangen war eine öffentliche Ausschreibung für Stadtmöblierung. Die Vergabe ging dann aber nicht ganz reibungslos über die Bühne: Mit einem gegen die Vergabeentscheidung der Stadt Leipzig gerichteten Vergabenachprüfungsantrag musste sich die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen befassen.
Jährlich vergibt die öffentliche Hand in Deutschland Aufträge in Milliardenhöhe an private Unternehmen und ist damit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wurden im Freistaat Sachsen durch die öffentliche Hand allein im Jahr 2017 Bau-, Dienst- und Lieferverträge im Gesamtwert von rund 990 Millionen Euro europaweit ausgeschrieben und vergeben. Öffentliche Auftraggeber sind dabei neben öffentlichen Einrichtungen zum Beispiel auch Gebietskörperschaften, juristische Personen oder Verbände, die dem Vergaberecht unterliegen.
Für die Stadt Leipzig stand im Jahr 2017 aufgrund des EU-Vergaberechts eine Neuausschreibung für die Außenwerbung und damit auch für die Stadtmöblierung an den Haltestellen der öffentlichen Nahverkehrsmittel an. Bis zur abgeschlossenen Vergabe wurde mit dem bisherigen Stadtmöblierungspartner ein Interimsvertrag geschlossen.
Erst im Juni 2019 entschied der Leipziger Stadtrat, die Dienstleistungskonzession neu an den Bieter RBL Media zu vergeben. Überzeugt hatte vor allem die Verringerung des künftigen CO2-Ausstoßes ebenso wie die mögliche künftige Nutzung von Ökostrom, E-Fahrzeugen und Baumpflanzungen. Im Gegenzug zum Neubau der Wartehäuschen sollte der neue Vertragspartner das Recht bekommen, dort exklusiv Werbung zu schalten und damit Einnahmen zu generieren.
Nachdem die Stadt Leipzig mitgeteilt hatte, dass nicht mehr der bisherige Dienstleister, sondern ein neuer den Auftrag erhalten sollte, stellte der ehemalige Vertragspartner der Stadt Leipzig einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Sachsen. Er bemängelte Vergaberechtsfehler. Insbesondere erfülle der vorgesehene zukünftige Dienstleister nicht alle im Vergabeverfahren gestellten Anforderungen, hieß es in der Kritik an der städtischen Vergabeentscheidung.
Seit 2012 hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen durchschnittlich pro Jahr 45 Nachprüfungsverfahren zu Auftragsvergaben der öffentlichen Hand durchgeführt – insgesamt summierte sich das bis Ende Januar 2022 auf 448 derartige Verfahren.
Für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen ist im Freistaat Sachsen die bei der Landesdirektion Sachsen eingerichtete 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen zuständig. Sie ist eine unabhängige, gerichtsähnliche Kontrollbehörde und entscheidet in der Regel nach mündlicher Verhandlung in der Besetzung mit der Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Mit dem damit installierten Rechtschutzsystem sollen Wettbewerbsverletzungen und Hoflieferantentum vermieden und ein fairer Wettbewerb gesichert werden, der zu kostengünstigeren Lösungen und besseren Produkten und Leistungen führt. Die Schwellenwerte für das Eingreifen der Vergabekammer liegen bei Bauvergaben und Konzessionen bei 5,35 Millionen Euro und bei Dienst- und Lieferverträgen bei 214.000 Euro.
Die Vergabekammer entscheidet bei einer anstehenden Prüfung wie beispielsweise im Fall der Leipziger Stadtmöblierung, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die eingegangenen Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer muss außerdem darauf achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird und wichtige Vorhaben und Investitionen sich nicht verzögern. Deshalb ist sie im Regelfall verpflichtet, innerhalb von fünf Wochen über den Nachprüfungsantrag zu entscheiden.
Einen Prüfungsantrag kann jedes Unternehmen einreichen, das ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag oder einer Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch eine mangelhafte Beachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Die Vergabekammer muss einen solchen Nachprüfungsantrag umgehend dem öffentlichen Auftraggeber übermitteln. Bis zur Entscheidung der Vergabekammer darf dieser keinen Auftrag erteilen. Die Vergabekammer entscheidet über den Nachprüfungsantrag durch Beschluss, der den Beteiligten zugestellt wird. Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die Beschwerde zum Oberlandesgericht Dresden zulässig.
Im Leipziger Fall kam die Vergabekammer in einem komplexen Nachprüfungsverfahren zu der Entscheidung, dass keine Vergaberechtsfehler vorlagen und die Stadt Leipzig den Auftrag an den neuen Dienstleister vergeben könne. Eine dagegen gerichtete Beschwerde des bisherigen Dienstleisters beim Oberlandesgericht Dresden blieb ohne Erfolg. Eine Arbeitsgruppe im Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamt begleitete im Anschluss den Abbau der alten Stadtmöbel und den Aufbau der neuen Haltestellen. Bis zum Jahr 2034 behält nun die RBL Media das Recht zur Stadtmöblierung.
[1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen]
Jährlich vergibt die öffentliche Hand in Deutschland Aufträge in Milliardenhöhe an private Unternehmen und ist damit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wurden im Freistaat Sachsen durch die öffentliche Hand allein im Jahr 2017 Bau-, Dienst- und Lieferverträge im Gesamtwert von rund 990 Millionen Euro europaweit ausgeschrieben und vergeben. Öffentliche Auftraggeber sind dabei neben öffentlichen Einrichtungen zum Beispiel auch Gebietskörperschaften, juristische Personen oder Verbände, die dem Vergaberecht unterliegen.
Für die Stadt Leipzig stand im Jahr 2017 aufgrund des EU-Vergaberechts eine Neuausschreibung für die Außenwerbung und damit auch für die Stadtmöblierung an den Haltestellen der öffentlichen Nahverkehrsmittel an. Bis zur abgeschlossenen Vergabe wurde mit dem bisherigen Stadtmöblierungspartner ein Interimsvertrag geschlossen.
Erst im Juni 2019 entschied der Leipziger Stadtrat, die Dienstleistungskonzession neu an den Bieter RBL Media zu vergeben. Überzeugt hatte vor allem die Verringerung des künftigen CO2-Ausstoßes ebenso wie die mögliche künftige Nutzung von Ökostrom, E-Fahrzeugen und Baumpflanzungen. Im Gegenzug zum Neubau der Wartehäuschen sollte der neue Vertragspartner das Recht bekommen, dort exklusiv Werbung zu schalten und damit Einnahmen zu generieren.
Nachdem die Stadt Leipzig mitgeteilt hatte, dass nicht mehr der bisherige Dienstleister, sondern ein neuer den Auftrag erhalten sollte, stellte der ehemalige Vertragspartner der Stadt Leipzig einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Sachsen. Er bemängelte Vergaberechtsfehler. Insbesondere erfülle der vorgesehene zukünftige Dienstleister nicht alle im Vergabeverfahren gestellten Anforderungen, hieß es in der Kritik an der städtischen Vergabeentscheidung.
Seit 2012 hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen durchschnittlich pro Jahr 45 Nachprüfungsverfahren zu Auftragsvergaben der öffentlichen Hand durchgeführt – insgesamt summierte sich das bis Ende Januar 2022 auf 448 derartige Verfahren.
Für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen ist im Freistaat Sachsen die bei der Landesdirektion Sachsen eingerichtete 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen zuständig. Sie ist eine unabhängige, gerichtsähnliche Kontrollbehörde und entscheidet in der Regel nach mündlicher Verhandlung in der Besetzung mit der Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Mit dem damit installierten Rechtschutzsystem sollen Wettbewerbsverletzungen und Hoflieferantentum vermieden und ein fairer Wettbewerb gesichert werden, der zu kostengünstigeren Lösungen und besseren Produkten und Leistungen führt. Die Schwellenwerte für das Eingreifen der Vergabekammer liegen bei Bauvergaben und Konzessionen bei 5,35 Millionen Euro und bei Dienst- und Lieferverträgen bei 214.000 Euro.
Die Vergabekammer entscheidet bei einer anstehenden Prüfung wie beispielsweise im Fall der Leipziger Stadtmöblierung, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die eingegangenen Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer muss außerdem darauf achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird und wichtige Vorhaben und Investitionen sich nicht verzögern. Deshalb ist sie im Regelfall verpflichtet, innerhalb von fünf Wochen über den Nachprüfungsantrag zu entscheiden.
Einen Prüfungsantrag kann jedes Unternehmen einreichen, das ein Interesse an einem öffentlichen Auftrag oder einer Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch eine mangelhafte Beachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Die Vergabekammer muss einen solchen Nachprüfungsantrag umgehend dem öffentlichen Auftraggeber übermitteln. Bis zur Entscheidung der Vergabekammer darf dieser keinen Auftrag erteilen. Die Vergabekammer entscheidet über den Nachprüfungsantrag durch Beschluss, der den Beteiligten zugestellt wird. Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die Beschwerde zum Oberlandesgericht Dresden zulässig.
Im Leipziger Fall kam die Vergabekammer in einem komplexen Nachprüfungsverfahren zu der Entscheidung, dass keine Vergaberechtsfehler vorlagen und die Stadt Leipzig den Auftrag an den neuen Dienstleister vergeben könne. Eine dagegen gerichtete Beschwerde des bisherigen Dienstleisters beim Oberlandesgericht Dresden blieb ohne Erfolg. Eine Arbeitsgruppe im Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamt begleitete im Anschluss den Abbau der alten Stadtmöbel und den Aufbau der neuen Haltestellen. Bis zum Jahr 2034 behält nun die RBL Media das Recht zur Stadtmöblierung.
[1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen]